Es war schon fast ein historischer Moment, als die EU-Institutionen in Brüssel am 2. Februar 2024 für ein Recht auf Reparatur gestimmt haben. Damit ist der Grundstein gelegt, um Hürden für Reparaturen zu beseitigen, die Verbraucher und freien Reparaturhandwerker unabhängiger von der Willkür der Hersteller zu machen sowie einen freien Wettbewerb zu fördern.
Was heißt das Recht auf Reparatur konkret?
Konkret geht es darum sicherzustellen, dass Verbraucher und unabhängige Reparaturdienstleister leichter auf Informationen und Teile zugreifen können, um Dinge zu reparieren. Außerdem soll die Reparatur grundsätzlich aufgewertet werden – unter der Maxime: Reparatur vor Neukauf. Für die Werkstätten bedeutet das:
- Hersteller werden ihr Monopol auf Ersatzteile verlieren und es wird ein freier Ersatzteilmarkt entstehen – inkl. refurbished Ersatzteilen und Ersatzteile von Drittherstellern.
- Hersteller müssen Schaltpläne, Dokumentationen und Informationen zur Reparatur veröffentlichen.
- Softwareblockaden oder andere Mechanismen, die Reparaturen verhindern, sind in Zukunft tabu!
- Verbraucher können sich auch schon während der Gewährleistungszeit für eine Reparatur bei einer freien Werkstatt entscheiden.
- Entscheidet sich ein Verbraucher in dieser Zeit für eine Reparatur zur Behebung eines Mangels, verlängert sich die Gewährleistung um ein Jahr.
- Ein bundesweiter Reparaturbonus soll die Reparatur noch attraktiver für Verbraucher machen.
- Der freie Reparaturmarkt wird den normalen Marktgegebenheiten unterliegen und von Qualität und Preis bestimmt werden.
- Freie Reparatur-Werkstätten könnten nun auch für die Industrie ein wichtiger Partner werden. Schließlich macht der Fachkräftemangel im Reparaturmarkt auch den Herstellern zu schaffen und sie werden froh um jede Werkstatt sein müssen.
Warum ist das Recht auf Reparatur so wichtig?
Ganz allgemein ist das Recht auf Reparatur so wichtig, weil wir es uns „nicht länger leisten können, in einer Wegwerfgesellschaft zu leben“, so formulierte es René Repasi, Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments zum Recht auf Reparatur. Die EU-Verabschiedung ist ein Meilenstein, um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, Elektroschrott zu reduzieren, die Verbraucherrechte zu stärken und – nicht zu vergessen – überhaupt einen freien Reparaturmarkt zu erhalten. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass freie Reparaturbetriebe auch in Zukunft zu marktfähigen Preisen reparieren können, ohne tagtäglich Angst vor neuen Software-Blockaden o.ä. durch Hersteller haben zu müssen. Davon profitieren auch Verbraucherinnen und Verbraucher. Es wird in Zukunft ein größeres Reparaturangebot geben und einen freien Wettbewerb von Qualität und Preis.
Wie geht es jetzt weiter?
Die EU-Entscheidung war der erste Schritt, hin zu einer Reparatur-Gesellschaft. Nun muss alles noch in nationales Recht umgewandelt und ganz, ganz viele Details geklärt werden. Momentan gilt das Recht auf Reparatur für 9 Gerätekategorien; vor allem Weiße Ware, Smartphones und Staubsauger. Eine Ausdehnung auf weitere Geräte (u.a. Kaffeemaschinen und Küchenmaschinen) gilt als wahrscheinlich. Bis aber wirklich alles durch ist, dauert es bestimmt noch zwei, drei Jahre. Aber das wichtigste ist: Die Richtung stimmt und wir werden bei der Ausgestaltung mit dabei sein, um hoffentlich Schlupflöcher in der Gesetzgebung zu verhindern und die Position der Werkstätten zu stärken.
Vangerow und das Recht auf Reparatur
Vor fast 10 Jahren war Detlef Vangerow der Initiator vom Runden Tisch Reparatur in Berlin. Seit diesem Tag ist Vangerow (seit 2020 mit Steffen Vangerow) im Vorstand und vertritt die Interessen der vielen kleinen Werkstätten. Endlich gibt es nicht mehr nur einen Dialog zwischen Industrie und Politik, sondern mit allen Stakeholdern – inkl. Reparatur-Werkstätten, Verbraucherschützern und Umweltverbänden. Endlich wird beim Thema Reparatur nicht über die Werkstätten gesprochen, sondern mit ihnen. Und endlich trägt die viele Arbeit, die vielen Vorträge und Gespräche mit Politikern und anderen Meinungsbildnern Früchte. Darauf sind wir wirklich stolz und sagen DANKE an alle Werkstätten, die uns dabei unterstützen. Nur zusammen konnten wir das erreichen. Aber noch sind wir nicht am Ende, die konkrete Umsetzung in deutsches Recht ist noch eine ziemliche Herausforderung. Wir bleiben weiterhin am Ball – Steffen Vangerow ist auch im Forum der Nationalen Kreislauf-Wirtschaftsstrategie, das die konkrete Umsetzung in deutsches Recht begleitet und wird auch hier das Sprachrohr der freien Reparaturbetriebe sein.