In dem saarländischen Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gab es einen Verwandten, der gern bastelte. Vor allem bastelte er an Elektrogeräten herum, und als er das ein paar Jahre lang gemacht hatte, gehörte es zum guten Ton, dass man ein defektes Elektrogerät erst einmal zu Onkel Hugo zur Reparatur brachte, bevor es in die Mülltonne oder zum richtigen Service ging.
Onkel Hugo hatte eine seltsame Arbeitsweise. Da er von seinem Fachgebiet so gut wie nichts verstand, musste er sich vortasten. Ohne genau zu wissen, was er tat, wechselte er Teile aus, die schadhaft waren (oder von denen er das vermutete), besserte er kalte Lötstellen aus (oder solche, die er dafür hielt) und versuchte so Schritt für Schritt wieder zu einem funktionierenden Gerät zu kommen. In gewisser Weise eine Umkehrung der Methode von Earl „Madman“ Muntz,
https://en.wikipedia.org/wiki/Madman_Muntz
einem amerikanischen Radio- und TV-Unternehmer, der die Angewohnheit hatte, den Eifer seiner Ingenieure mit der Kneifzange zu bremsen. Wenn er der Meinung war, dass die es mit den technischen Finessen übertrieben, durchtrennte er so lange Kabel und Verbindungen, nahm so lange Bauteile heraus, bis das Gerät nicht mehr funktionierte. Dann sagte er: „Meinen letzten Schritt machen Sie bitte rückgängig. Und dabei bleibt es.“ Bis heute nennt man diese Kneifzangen-Strategie in den USA „muntzing“. Sie ermöglichte es Muntz, den ersten Schwarzweiß-Fernseher herauszubringen, der weniger als 100 Dollar kostete.
Onkel Hugo war also der Anti-Muntz. Im Nachhinein kann man wahrscheinlich froh sein, dass er weder sich noch jemand anders mit seiner Reparatur-Methode umgebracht hat. Heute ist es mit dem Internet ja relativ einfach, sich korrekte Informationen zu holen. Oder den einfachen Rat: „Finger weg, wenn man sich nicht sicher ist.“ Onkel Hugo hat den vielleicht das eine oder andere Mal gehört, aber ob er ihn immer befolgt hat, ist fraglich. Jedenfalls war gerüchteweise davon die Rede, dass er genau wusste, wie sich ein Stromschlag bei 220 Volt anfühlt.
Wir haben heute glücklicherweise nicht nur das Internet. Sondern auch meinmacher.de – eine Vereinigung von Leuten, die wissen, was sie tun, wenn sie ein Elektrogerät vor der Müllhalde retten.