Nachhaltiges Leben sieht wahrlich anders aus. Das Quantum von 44 Kilogramm Materialien – pro Kopf und Tag für Tag auf Neue – markiert jedenfalls kaum einen verantwortungsvollen Umgang mit unwiederbringlichen Ressourcen. So viel Rohstoffe jedoch entreißen wir Menschen in Deutschland rein statistisch dem Planeten: „Mehr als 16 Tonnen Metall, Beton, Holz und andere Rohstoffe“, berechnen die Wissenschaftler des Umweltbundesamts (UBA) in ihrem jetzt vorgelegten Ressourcenbericht, summieren sich so auf unserem Ausbeuter-Konto.
Wir machen daraus Autos und Smartphones, bauen Häuser, ebnen Wege, produzieren Maschinen und Medikamente, wir kochen mit diesen Produkten oder kaufen Kleidung. Wir plündern – und verschmutzen sie zugleich – mit unserem Konsum nicht nur die Erde, die Wälder oder die Meere. Wir bereichern uns vor allem an den Schätzen anderer Völker und graben fremden Ländern den Boden ab. „70 Prozent der bei uns verbrauchten Rohstoffe kommen aus dem Ausland“, wissen die UBA-Experten. Schlimmer noch: „Davon sind vier Fünftel nicht nachwachsend.“ Sie gehen also, indem wir diese Rohstoffe ge- und verbrauchen, zumeist unwiederbringlich verloren.
Fast zeitgleich präsentierten die Spezialisten des Freiburger Ökoinstituts eine Studie, mit der die Umweltschützer von Greenpeace sie beauftragt hatten. Die Forscher untersuchten, wie viele Ressourcen wir allein schon dadurch sparen könnten, wenn – ja wenn – wir unsere einmal mit diesen vielen Rohstoffen und oft ebenso viel Energie produzierten Mobiltelefone länger nutzten. Selbst wenn unser inzwischen liebstes Spielzeuge nicht mehr richtig funktioniert, könnten wir ein Smartphone – vorausgesetzt es ist besser designt als heute üblich – reparieren. Zumal die Wissenschaftler feststellen: „Viele dieser Produkte werden ersetzt, obwohl sie eigentlich noch funktionsfähig sind.“
Der Effekt einer Verhaltens- und Nutzungsänderung wäre angesichts der vom UBA berechneten Rohstoff-Plünderung äußerst wertvoll: „Rund 1.000 Tonnen wertvoller Rohstoffe lassen sich alleine in Deutschland jährlich durch kleine Reparaturen an Smartphones und Tabletts einsparen.“ Hinzu kommt: Die Materialien in Mobiltelefonen sind meist äußerst wertvoll, da selten: Sie stammen oft aus Ländern, in denen bei der Gewinnung dieser Rohstoffe kein sonderlich großer Wert auf Menschenrechte gelegt wird. Die Verarbeitung der Rohstoffe zu Smartphone-Komponenten belastet das Klima obendrein durch einen hohen Energie- sowie Chemikalieneinsatz erheblich – je weniger wir also davon brauchen, umso besser.
Eine Umfrage hatte bereits im Sommer ans Licht gebracht, dass ohnehin nur ein Bruchteil der Nutzer alle paar Jahre wirklich neue Geräte will. Die raschen Produktzyklen der Hersteller und Mobilfunkanbieter stehen dem Ergebnis der internationalen Greenpeace-Umfrage in sechs Ländern da entgegen. „Die extrem kurze Lebensdauer von Mobiltelefonen setzt viele Nutzer unter Zugzwang“, hatte sie als Fazit erbracht und den Willen der Verbraucher gezeigt: „Sie wollen Smartphones, die für eine längere Lebensdauer ausgelegt sind, bei Defekten repariert werden können und recycelbar sind.“
Deshalb wird die Präsidentin des UBA jetzt konkret. Maria Krautzberger fordert: „Was Rohstoffe spart, sollte für die Verbraucher billiger sein.“ Die UBA-Chefin plädiert offen für eine Änderung der Mehrwertsteuer. Sie will mit dem Absenken des Satzes von 19 auf 7 Prozent neben besonders ressourceneffiziente Produkte etwa auch Reparaturen vergünstigen. Ihr Amt begründet den Vorstoß mit dem Argument, so könnte der Staat für die Verbraucher finanzielle Anreize setzen, damit diese Produkte mit besserer Ressourcenbilanz vorziehen.
Ein mit Sicherheit bedenkenswerter, weil wirklich nachhaltiger Ansatz.