Nicht einmal 60 Jahre schweben künstliche Himmelskörper nun schon um den Planeten. Im Oktober 1957 schoss „Sputnik 1“ in seine Umlaufbahn. Der erste Satellit schwebte noch völlig allein durch die unendliche Weite. Nicht lange. Heute umkreisen Hunderttausende Himmelskörper den Planeten, knüpfen Telefonverbindungen, strahlen TV-Programme aus, fotografieren die Erde, sammeln Geodaten, dirigieren Autos, überwachen das Wetter oder warnen vor Katastrophen – sie kommen sich dabei allmählich immer öfter in die Quere. Denn obwohl das All sich unendlich dehnt, zwängen sich die Fluggeräte auf vergleichsweise engen Bahnen um die Erde.

 

Der Platz ist knapp. Immerhin jagen über 600.000 Objekte mit einem Durchmesser über einen Zentimeter um den Globus. Und allmählich verliert manch ein Hightech-Gerät am Himmel zudem die Puste. Die Energie versiegt, die Steuersysteme versagen. Fortan dümpeln die Satelliten als nutzloser Müll im Orbit.

Ein wahrlich sündhaft teurer Spaß: Zuerst verschlingt die Raumfahrt Milliarden für Forschung und Bau von Raketen, jetzt müssen Wissenschaftler bei der bislang größten ESA-Konferenz zum Thema Weltraumschrott einräumen: Satelliten sind zu wertvoll, um im All zu verrotten oder beim Herabfallen auf die Erde in der Atmosphäre zu verglühen.

 

Europas Raumfahrer setzen auf „Clean Space“, obwohl die Euro-Raumfahrtbehörde „die Wiederbeschaffungskosten der circa 1.000 aktiven Satelliten in der Erdumlaufbahn auf knapp 100 Milliarden Euro schätzt“.

Da lohnt Reparieren! Auch wenn es durchaus kompliziert ist. „Unter Experten besteht ein weitreichender und starker Konsens darüber, dass sofortige Maßnahmen zur Weltraummüllbeseitigung unbedingt erforderlich sind“, sagt Heiner Klinkrad. Er leitet des Space Debris Office der ESA in Darmstadt und weiß, „es gibt keine andere Möglichkeit, das Weltall als wertvolle Ressource für unsere kritische Satelliteninfrastruktur zu schützen.“

Auch die amerikanische Defence Advanced Research Projects Agency sieht das so. Deshalb beauftragte sie die US-Firma Honeybee Robotics mit dem Bau von Flugrobotern. Die sollen künftig alte Satelliten gleich im Orbit reparieren: Die Raketenroboter sollen mit automatischen Greifarmen Teile von nicht mehr funktionstüchtigen Satelliten abmontieren und sie an neue Satellitenrümpfe schrauben. Das spare Kosten, sagen die Raumfahrt-Experten. Zudem erlaube diese Technologie neue Satelliten leichter zu bauen, was dann Treibstoff für den Transport ins All einspare. Die Roboter montieren die Satelliten erst aus Ersatzteilen alter Himmelkörper im Orbit komplett fertig.

 

Aus Alt mach Neu macht so also auch bei ultra-moderner Technologie Sinn: rein ökonomisch.

 

Zusätzlich dampft das Projekt die Menge an Weltraum-Müll erheblich ein. Das ist dann das ökologische Argument. Weltall-Recycling der Kommunikationssatelliten auf einer 35 Kilometer hohen Umlaufbahn schafft Platz für neue Trabanten. „In dieser Zone ist Platz besonders wertvoll, weshalb wir ausgemusterte Satelliten oft auf eine Friedhofs-Bahn lenken“, erklärt Adrian Jäggi den Ausweg aus dem Dilemma. Der Direktor des Astronomischen Instituts der Universität Bern weiß nur allzu gut: Wieder verwendbare Teile wie Antennen oder Solar-Module von kaputten Satelliten sind eine Ressource, die bisher ungenutzt im All umher treibt.

Lösen müssen die Ingenieure und Raumfahrttechniker aber erst noch ein anderes Problem: Bis heute gibt es noch keine geeigneten Werkzeuge, die für die Demontage und das Wiederanschrauben der Teile im All taugen. Ehe also die Roboter in den Orbit aufsteigen, um zu reparieren, müssen zuerst noch Handwerker auf dem Boden der Erde ihr Können belegen, damit die Rettungs-Aktion im Weltall Erfolg zeigt.

 

Foto: NASA
Foto: NASA

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